Die Hälfte der Macht den Frauen

„Macht wird als unweiblich angesehen“, sagt Renate Schmidt im Dokumentarfilm „Die Unbeugsamen“. Sie war SPD-Abgeordnete, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Familienministerin in den 90er Jahren. „Macht ist nicht etwas per se Schlechtes. Nur die Art, wie man Macht ausübt, kann schlecht sein. Das muss dann kritisiert werden. Aber wenn ich machtlos bin, dann bin ich ohnmächtig.“ Gerade als Frau wolle sie nicht ohnmächtig sein, so Schmidt weiter, sondern Macht und damit Einfluss haben, um Dinge durchsetzen zu können. – Heute, 30 Jahre später, sagt Eva Lettenbauer, Landtagsabgeordnete und Bayerische Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen: „Bayern braucht ein „Hälfte der Macht“-Gesetz, das die Grünen vorlegen wollen. Denn die Hälfte der Macht ist genau das, was Gleichberechtigung und Gleichstellung bedeutet. Die Hälfte der Macht den Frauen.“

Die nur 27 Prozent Frauenanteil im Bayerischen Landtag nennt Eva Lettenbauer „beschämend“ und richtet damit schriftlich ein Grußwort an rund 60 Besucherinnen und Besucher im Filmtheater Wertingen. Dort, im Foyer des traditionsreichen, nostalgischen Kinos feiern die Gäste laut Pressemitteilung mit dem Grünen-Ortsverband Wertingen-Zusamaltheim den Internationalen Frauentag bei Getränken und Häppchen, serviert von Marga Feistle vom Bioladen Wertingen. Eine Stunde nach diesem geselligen Gedankenaustausch geht es in den Kinosaal, um den bereits erwähnten Dokufilm anzuschauen. Der Streifen erzählt die Geschichte der Politikerinnen in der Bonner Republik, die sich ihre Beteiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen unerschrocken erkämpfen mussten.

Nicht nur Grünen-Mitglieder sind gekommen, um den fast zwei Stunden dauernden Film von Torsten Körner zu sehen und sich so an ein Stück gelebte Frauengeschichte zu erinnern. Grünen-Ortsvorsitzende Hertha Stauch begrüßt auch ehemalige und amtierende Kommunalpolitikerinnen und -politiker, Vertreterinnen von Vereinen, Kirchen und Organisationen und viele weitere Gäste, die einen interessanten Abend erleben wollen. Hertha Stauch knüpft in ihrer Begrüßung an die Grußworte von Eva Lettenbauer an. Denn nicht nur im Bayerischen Landtag – auch im Stadtrat Wertingen sei der Anteil an Frauen mit nur zehn Prozent verschwindend gering, bemängelt die grüne Kreis- und Stadträtin: „Es kann nicht sein, dass über die Politik und damit über das tägliche Leben in Wertingen in der Mehrzahl Männer entscheiden.“ Stauch berichtet von den alle sechs Jahre wiederkehrenden Bemühungen, Listen für die Kommunalwahl mit einem bestimmten Frauenanteil aufzustellen – ein Problem übrigens, das auch andere Parteien und Wählergruppierungen betreffe. Das „Hälfte der Macht-Gesetz“, das die Grünen im Landtag nun vorlegen wollen, wünscht sich Stauch auch in der Kommunalpolitik. Das geplante Gesetz soll durch Änderungen im Wahlrecht sicherstellen, dass die Hälfte des Parlaments Frauen sind und die Hälfte der Bayerischen Regierung weiblich ist. Stauch appelliert an die Frauen im Kino, sich politisch einzubringen und die Belange der Stadt mitzuentscheiden. Sie dankt auch für das ehrenamtliche Engagement, das gerade Frauen in vielen Bereichen schon einbringen.

Dank und aufmunternde Worte richtet auch Constantin Jahn an die Frauen im Foyer. Der Direktkandidat der Grünen für den Landtag im Stimmkreis Dillingen/Augsburg Land stellt sich kurz vor und erklärt: „Es ist auch Aufgabe und Verantwortung der Männer, sich für Feminismus stark zu machen und für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen“. Dann überlässt Jahn die Bühne an diesem Abend gerne den Frauen.

Film ab! So heißt es anschließend im Kinosaal von Prisca Färber, die sich sichtlich über das volle Haus freut. Intention der Grünen mit dieser Veranstaltung ist es laut Pressemitteilung denn auch gewesen, nicht nur die Frauen wertzuschätzen, sondern das Wertinger Filmtheater zu unterstützen.


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