Haushaltsrede 2023 29. März 202323. November 2023 Rede von Engelbert Kigele (Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen – Die Linke) zum Haushalt 2023: Sehr geehrter Herr Landrat, wert geschätzte Mitarbeiter*innen des Landratsamtes, Liebe Kolleg*innen wir leben in einer Zeitenwende. Beschleunigt durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine erkennen wir zunehmend die Grenzen unseres bisherigen Lebensmodells und unseres Wirtschaftens. Die demographische Entwicklung belastet unsere sozialen Sicherungssysteme bis zum Zerreißen, in vielen Bereichen hemmt der Mangel an Fachkräften die Umsetzung dringender Projekte. Fast täglich neue Erkenntnisse zum Klimawandel lassen die Lücke zwischen dem, was wir dagegen unternehmen und und den geboten Maßnahmen, um ihn abzumildern oder Anpassungsmaßnahmen umzusetzen, immer weiter klaffen. Die Zeitenwende ist mit diesem Haushalt auch im Landkreis Dillingen angekommen. Bedingt durch die rasch ansteigenden Defizite der Kreiskliniken haben sie Herr Landrat gemeinsam mit Herrn Bundschuh die Notbremse gezogen, um einen finanziellen Kollaps des Landkreises zu verhindern. Wir alle zusammen waren in den vergangenen Jahren zu blauäugig, haben die Zeichen der Zeit nicht wahrgenommen oder auch nicht wahrnehmen wollen. Der vorgelegte Haushalt sowie der mittelfristige Finanzplan sind Stand heute weitgehend alternativlos. Durch Verschieben und Stornieren haben Sie uns, Herr Bundschuh, etwas Luft verschafft. Eine Tatsache scheint uns jedoch in den Vorberatungen nicht ausreichend diskutiert zu sein: Da der Landkreis in absehbarer Zeit nicht in der Lage ist, relevant zu tilgen, besteht die Gefahr, dass angesichts steigender Kapitalmarktzinsen bei Umschuldungen oder Prolongierung von Darlehen deutlich höhere Zinsbelastungen resultieren. Auch wenn die Spielräume gering sind, wollen wir von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen auf mehrere Bereiche, die der Landkreis verantwortet, eingehen: 1. Krankenhäuser: Sicher ist die Finanzierung insbesondere der kleineren Krankenhäuser in ganz Deutschland prekär. Es wurden aber auch seit Gründung der gGmbH 2004 die Hausaufgaben nicht erledigt. Sparmaßnahmen, die in umliegenden Krankenhäusern schon vor 15 Jahren veranlasst wurden, werden erst jetzt umgesetzt. Nachdem die Konkurrenz zwischen den beiden Häusern über viele Jahre strukturelle Anpassungen verhinderte, ist jetzt, da es wie in vielen anderen Bereichen fünf vor zwölf ist, die Kirchturmpolitik hoffentlich beendet. Lassen sie uns gemeinsam die beste Lösung für die Gesundheitsversorgung unser Landkreisbewohner*innen aber auch für die engagierten Beschäftigten unserer Kliniken suchen und finden. Eruieren wie die Chancen, die sich ganz sicher durch die Zeitenwende in der Krankenhauspolitik des Bundes eröffnen. Versuchen wir, wie auch von der Bundespolitik angeregt, die Verzahnung der stationären und der ambulanten Versorgung zur etablieren. Setzen wir, gemeinsam mit den Kommunen, alles daran, Ärzte für unseren Landkreis zu gewinnen. 2. Bildung Die Sanierung des Sailergymnasiums befindet sich auf der Zielgeraden, die ersten Bauabschnitte der Berufsschule in Höchstädt sind auf den Weg gebracht und müssen wie beschlossen zu Ende geführt werden. Alle weiteren, noch nicht beauftragten Maßnahmen dort müssen bezüglich ihrer Notwendigkeit aber auch in Bezug auf die Art der Ausführung auf den Prüfstand. Sparsamkeit als Leitschnur gilt auch zukünftig für die unvermeidbaren und lange aufgeschobenen Sanierungen der Realschule in Wertingen und des Albertusgymnasiums in Lauingen. Luxussanierungen wie in der Vergangenheit können wir uns bei keinem Projekt mehr leisten. 3. Kreisumlage Denken wir nicht nur an die sekundäre Bildung. Für die primäre Bildung von der Kinderkrippe bis zur Mittelschule tragen die Kommunen Verantwortung. Sie müssen ihre in die Tage gekommenen Schulen sanieren und dafür Sorge tragen, dass ab 2026 eine Ganztagesbetreuung angeboten werden kann. Unerwartet hohe Schülerzahlen lassen Schulen aus allen Nähten platzen. Um- und Neubauten sind daher oft unvermeidbar. Auch am anderen Ende der Alterspyramide steigt der Bedarf. Nahverkehr, Barrierefreiheit, stationäre Pflege seien nur beispielhaft erwähnt, um auf den kommunalen Investitionsbedarf für unsere Senior*innen hinzuweisen. Unser aller Ziel muß es daher sein, alles daran zu setzen, mittelfristig die Kreisumlage zu senken, damit unsere Kommunen ausreichend liquide sind, um diese, die Bürger*innen unmittelbar betreffende Projekte umzusetzen. 4. Personalentwicklung des Landkreises: Wir sind der Überzeugung, dass die uns vorgeschlagene Personalmehrung ausgewogen ist. Mit 175 € Personalkosten pro Einwohner*in des Landkreises liegen wir deutlich unter dem Durchschnitt der bayerischen Landkreise mit 190 €. Und dies obwohl unser kleiner Landkreis ebenso wie einwohnerstarke Kreise alle Bereiche personell abdecken muss. Unseres Erachtens sind die geplanten Stellen zur Bearbeitung der Wohngeldanträge nicht zu diskutieren. Um die jetzt schon einjährige Wartezeit der Asylbewerber*innen zu reduzieren, benötigen wir ebenfalls mehr Personal. Lassen wir nicht die Schwächsten in unserer Gesellschaft im Regen stehen. Zum einen sind sie auf das Geld dringend angewiesen, im Falle der Asylbewerber*innen profitieren sowohl diese wie auch unsere Gesellschaft davon, wenn zeitnah Klarheit über den endgültigen Status hergestellt wird. Als weiteres Beispiel für sinnvolle Investition in die Personalentwicklung möchten wir die Aufstockung der Ausbildungsplätze anführen. In Zeiten zunehmenden Personalmangels in allen Wirtschaftszweigen und zunehmender Konkurrenz um Mitarbeiter führt kein Weg daran vorbei, möglichst breit auszubilden. 5. Tierschutz Auch wenn Tierschutz keine genuine Aufgabe des Landkreises ist, befürworten wir den einmaligen Zuschuss für das Tierheim in Höchstädt, um damit die Planung für die Sanierung anzuschieben. An die Kommunen appellieren wir, endlich ihre Hausaufgabe bezüglich einer ausreichenden Finanzierung des Tierheims zu erledigen. 6. Straßenbau Auch wenn Instandhaltung und Ausbau von Straßen durch den bayerischen Staat zu 90 % gefördert werden, sollten wir zumindest alle Neubauten sehr kritisch betrachten. Selbst ein Fahrradweg versiegelt pro km 3000 bis 4000 qm. Auf Nebenstrecken wäre oft eine Tempobegrenzung ausreichend, um Verkehrssicherheit herzustellen. Überlegter und sparsamer Ausbau reduziert Unterhaltskosten in der Zukunft. Wie schon eingangs erwähnt, halten wir den vorgelegten Haushalt, wie auch die mittelfristige Investitionsplanung angesichts unserer finanziellen Möglichkeiten für alternativlos. Um zukünftig wieder Gestaltungsmöglichkeit zu gewinnen, werden wir auch die nächsten Jahre den Gürtel eng schnallen müssen. Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen stimmt dem Haushalt einstimmig zu.
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